368 Lehrtöchter und Lehrlinge wurden "flügge"

Aus den Lehrtöchtern und Lehrlingen sind Berufsleute geworden; ihre Ausbildung für einen industriellen oder gewerblichen Beruf ist abgeschlossen, und gestrenge Experten haben sie nach einer Prüfung mit dem überreichten Fähigkeitsausweis für «flügge» erklärt, fähig dazu, selbständig und in eigener Verantwortung den erlernten Beruf auszuüben. Der Wille, die Lehrzeit bis zur erfolgreichen Abschlussprüfung zu absolvieren, verdient besondere Anerkennung, den «ehemaligen» Stiften sei hier zur abgeschlossenen Berufslehre ganz besonders gratuliert. Die grosse Zahl der erfolgreichen Prüfungskandidaten lässt es nicht zu, für alle ein grosses Fest zu veranstalten. Es dürfte aber kaum zu befürchten sein, dass die jungen Leute diesen Schritt nicht gebührend zu feiern wissen. Offiziell veranstaltet das kantonale Amt für Berufsbildung für die besten Lehrtöchter und Lehrlinge eine kleine Feier bei Speis und Trank.

Für diesmal war als Ort der traditionellen Feier das Siblinger Randennaus ausgewählt worden. Wo sich sonst müde Wanderer laben, feierte für einmal eine 30köpfige Schar langhaariger, salopp gekleideter junger Leute. Die versammelten «Spitzenstiften» erbrachten den Beweis, dass eine besondere Leistung nichts, aber auch gar nichts mit dem Aeusseren zu tun hat. Wer vielleicht immer noch meint, Leistung und Können verlangten Krawatte und geraden Scheitel, merke sich: er befindet sich auf dem Holzweg. Eine muntere Schar wurde per Car auf die Randenhöhe verfrachtet; es ist kein Wunder, dass die Stimmung gut und fröhlich war, galt es doch Lehrzeitärger und Prüfungsängste zu vergessen — ein Schluck Wein und ein Imbiss trugen nach dem offiziellen Teil das Ihre dazu bei ...

 

Nicht nur berufliche Probleme

Die Begrüssung der Lehrtöchter und Lehrlinge mit einer Note von mehr als 5,3 im Abschlusszeugnis übernahm traditionell EW-Direktor H. Steinemann. Dabei wurden die Geladenen zur «Creme de la crème» unter den Lehrlingen erhoben. Direktor Steinemann wies aber nachdenklich darauf hin, dass die jungen Leute in eine zwiespältige Welt entlassen würden. Auf der einen Seite bestelle die Wohlstandsgesellschaft, auf der anderen hungere die halbe Welt; mit allen Gütern und Rohstoffen werde verschwenderisch umgegangen, doch die Warnungen vor dem Kollaps liessen sich nicht mehr überhören. Mit diesen Stichworten wollte der Redner die jungen Zuhörer darauf hinweisen, dass es noch andere als berufliche Probleme auf dieser Welt gebe. Der Aufruf, der an die flügge gewordenen Stiften ging: Weitet den Horizont, lernt die Welt kennen, bildet Euch weiter und kommt dann wieder in die Heimat zurück

 

Den Berg hinauf

Einen nicht besonders glücklichen Ein-«ruck machte Heinz Surbeek, der offenbar als erfolgreicher Prüfling zu einer Ansprache verknurrt worden war. Er zog sich aber gut aus der Affäre, und seine Worte brachten allgemein grossen Applaus. Mit dem Beispiel der Regierung, die nun sparen lernen müsste, untermauerte H. Subeck seine Meinung: «Auch nach dem Lehrabschluss bleibt das Gefühl, man habe nie ausgelernt.» Ein Dank ging an die Lehrmeister, wobei offen gesagt wurde, dass es beiden — Lehrling und Meister — einmal «gestunken» habe. Der neue Berufsstatus zeige sich auch im Inhalt der Zahltagstüte. Nachdenklich fügte H. Surbeck bei: «Je mehr Zapfen' man hat desto mehr wird ausgegeben.» Die Empfehlung, die nicht nur für die anwesenden jungen Leute gilt: mit dem Kopf kaufen und nicht nur mit den Augen. Es gebe nun viele Möglichkeiten, erklärte der junge Mann positiv, aber um die Chancen nutzen zu können, brauche es die Weiterbildung. «Wir müssen vorwärts marschieren — den Berg hinauf», schloss der frischgebackene Mechaninker Heinz Surbeck.

 

Handschlag und Auszeichnung

Der Chef des Amtes für Berufsbildung, H.-U. Bührer, konnte den Lehtröchtern und Lehrlingen mit Handschlag die kantonale Auszeichnung überreichen. Diese konnten im Empfang nehmen:

 

Mit der Gesamtnote 5.6:

Daneluzzi Franco (Jahrgang 1945), Neuhausen, Beruf: Werkzeugmaschinist Drehmaschinen (Art. 30 BBG). Halter Alfred, Thayngen; Elektromechaniker; Lehrbetrieb SIG. Schaffitz Katharina; Apothekenhelferin; Dr. F. und D. Wiesmann, Neuhausen. Surbeck Heinz, Oberhallau; Mechaniker; + GF+. Unger Kurt, Thayngen; Maurer; Gebr. Unger, Thayngen.

 

Mit der Gesamtnote 5,5:

Bührer Thomas, Bibern; Maurer; E. Keller, Dörflingen. Hug Hans, Schaffhausen; Elektromechaniker; + GF+.

 

Mit der Gesamtnote 5,4:

Aries Felix, Schaffhausen; Hochbauzeichner; P. Ruf und E. Küng, Schaffhausen. Bachmann Doris, Schaffhausen; Apothekenhelferin; T. Schaufelberger, Schaffhausen. Carnieletto Raffaele (Jahrgang 1942); Werkzeugmaschinist Fräsmaschinen (Art. 30, BBG). Fischer Käthi, Hailau; Gärtnerin A; Gebr. Rütschi, Hallau. Fischer Josef, Langwiesen; Gärtner A; Gebr. Weisshaupt, Gächlingen. Germann Arthur, Schaffhausen; Buchdrucker; Meier & Cie. AG, Schaffhausen. Hangartner Christian, Eglisau; Elektromechaniker; CMC. Neidhart Josef, Ramsen; Bäcker-Konditor; E. Fischer-Frey, Schaffhausen. Steck Norman, Sehaffhausen; FE AM; +GF+. Ulimann Roland, Eschenz; Elektromechaniker; SIG.

 

Mit der Gesamtnote 5,3:

Bernath Hans Martin, Thayngen, Drogist; Quidort AG, Schaffhausen. Christen Alfred, Wilchingen; Metzger A; Ernst Baumann, Wilchingen. Elsener Stephan, Schaffhausen; Elektromechaniker; + GF+. Häfliger Felix, Neuhausen; Drogist; Quidort AG, Schaffhausen. Hofer Arthur, Beringen: Maurer; Hugo Zepf, Schaffhausen. Kiek Heiner, Ncuhauscn; Elektromechaniker; SIG. Keller Rolf, Neuhausen; Elektromechaniker; CMC. Lippuner Bruno, Beringen; Metzger B; K. Schneckenburger, Thayngen. Mendler Bruno, Neuhausen; Maschinenzeichner A; SIG. Mettler Niels, Stein am Rhein; Maurer; Lerch AG, Schaffhausen. Müller Alois, Diessenhofen; Metzger A; R. Waldvogel-Wäckerlin, Neunkirch. Nusser Alex, Schaffhausen; Giesser; +GF+. Pletscher Werner, Schaffhausen; Modellschreiner; +GF+. Sollberger Christian, Neuhausen; Maschinenzeichner A; SIG. Tobler Walter, Schaffhausen; Mechaniker; +GF+

 

Wanner Rene, Schieitheim; Maschinenzeichner A; SIG. Weber Urs, Thayngen; Maschinenzeichner C; CMC. Welti Jürg, Beringen; Elektromechaniker; +GF+.

 

Einzelheiten und Statistisches

zu den diesjährigen Prüfungen legte H.-U. Bührer vor. Unter die Lupe genommen hatte er das Abschneiden der Lehrlinge auf Grund ihrer schulischen Vorbildung. Das Ergebnis: bei den Arbeits- und Berufskundeprüfungen gab es kaum Differenzen zwischen den ehemaligen Elementar- und den Realschülern, bei den allgemeinbildenden Fächern aber gab es einen Unterschied von einer ganzen Note. Auch über die Kosten dieser Prüfungen wurde Auskunft gegeben: «Die Prüfungskosten für die gewerblichen und industriellen Berufe werden dieses Jahr den Betrag von 125 000 Franken überschreiten, wobei die preisgünstigste Prüfung pro Kandidat etwa 90 Franken (Apothekenhelferin), die teuerste aber 1200 Franken (Lastwagenführer) ausmachen wird. Der durchschnittliche Betrag pro Prüfungskandidat liegt bei etwa 320 Franken.»

 

Die 65 Lehrtöchter und die 316 Lehrlinge, die sich für die Prüfungen angemeldet hatten, kommen aus 78 Berufen und 175 Lehrbetrieben. 66 Stiften wurden ausserhalb des Kantons geprüft und doch waren für die Abschlussprüfungen in Schaffhausen noch 187 Fachexperten und 45 Schulexperten zum Einsatz gelangt. Wie die Statistik weiter zeigt, wurden 375 Kandidaten erstmals geprüft, sieben Kandidaten zum zweitenmal und ein Kandidat trat gar das drittemal an. Die Hartnäckigkeit und der Einsatzwille wurden aber schlecht honoriert: der junge Mann fiel wieder durch; eine Tatsache, die doch zu verschiedenen Überlegungen Anlass geben kann ...

 

15 Kandidaten, was einem Prozentsatz von 3,83 entspricht, haben an den Ab-Schlussprüfungen nicht reüssiert. Zu wünschen übrig lässt auch das Ergebnis der Prüfungen in den allgemein bildenden Fächern, denen im Zeitalter der Spezialisierung und der «Fachidioten» immer mehr Bedeutung zukommt: 57 Kandidaten oder 14,3 Prozent kamen hier nicht über die Durchschnittsnote von 4,0 hinaus. Im Gesamten liegt der Durchschnitt bei einer Note von 4,78, was sich durchaus, sehen lassen kann.

 

Ein besonderes Kränzchen

st den Männern gewunden, die auf dem «zweiten Bildungsweg», das heisst nach - dem Artikel 30 des Berufsbildungsgesetzes, ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Dazu der Chef das Berufsbildungsamtes: «Der hohe Anteil derjenigen Kandidaten, die ihre Prüfung nach Art. 30 BBG absolviert haben, resultiert davon. dass sieben Absolventen des Metallbearbeitungskurses der Studiengruppe für die Weiterbildung ausländischer Staatsangehöriger ihre diesbezügliche Schulung abgeschlossen haben.

 

Eine Ausbildung in der Praxis, das heisst als Lehre in einem Betrieb, und die abschliessenden Prüfungen bieten immer noch beste Gewähr dafür, dass ein tüchtiger Nachwuchs in den gewerblichen und industriellen Berufen herangezogen wird. Der Lehrling mag während seiner Ausbildungszeit — wie der junge Heinz Surbeck das angetönt hatte — nicht immer auf Rosen gebettet gewesen sein. Wer sich aber durchbeisst, hat nachher etwas, das anerkannt wird: einen Beruf, in dem er etwas leisten kann. (U. B.)

Fröhliche Gesichter gab's im Siblinger Randenhaus bei den «Spitzenstiften», die aus den Händen von H.-U. Bührer, Chef des Amtes für Berufsbildung, die kantonale Auszeichnung in Empfang nehmen konnten. Die beste Prüfung bei den Lehrtöchtern hatte die Apothekerhelfcrin K. Schaffitz absolviert (Bild links). Gut lachen hatte auch Heinz Surbeck, nachdem er sich der ihm auferlegten Rednerpflichten mit Erfolg entledigt hatte.

Die beiden italienischen Staatsangehörigen hatten sich mit grossem, bewunderungswürdigem Einsatz neben ihren beruflichen Pflichten auf die Lehrabschlussprüfung vorbereitet. Der Einsatz hat sich ausgezahlt: sie reihten sich mit ihren Leistungen unter die Besten ein. Aufnahmen: B. + E. Bührer

Quelle: Schaffhauser Nachrichten, 30. April 1974