Mit dem Kindergarten Geissberg wurde nicht nur eine seit mehreren Jahren bestehende Lücke im Kindergartenangebot geschlossen, es wurde auch exemplarisch gezeigt, dass ein Gebäude, das sich die Erkenntnisse der Baubiologie zunutze macht und darüber hinaus schön und funktionell ist, nicht zwangsläufig besonders teuer sein muss.
Einhellige Freude herrschte gestern bei der Medienorientierung im neuen Kindergarten Geissberg. Ganz offensichtlich sind sowohl die Vertreter von Schulbehörde und städtischem Hochbauamt als auch die zuständige Kindergärtnerin vom rund 600000 Franken teuren Bau begeistert. Die Lorbeeren verdient hat sich dabei Architekt Felix Aries, der in enger Zusammenarbeit mit Peter Frei, dem Stellvertreter des Stadtbaumeisters, einen schön anzuschauenden und nach den neuesten Erkenntnissen der Baubiologie realisierten Kindergarten errichtet hat (siehe auch SN von gestern).
Doch ist der neue Kindergarten mit seiner raffinierten Führung des Tageslichts, einer durchdachten Raumgestaltung und der gelungenen Einbettung in die Umgebung nicht nur schön, er ist auch notwendig: Seit Jahren schon seien die beiden angrenzenden Kindergärten überlastet gewesen, fasste Silvia Pfeiffer, Sachbearbeiterin «Kindergärten» im städtischen Schulreferat, die einst desolate Situation zusammen, die den Grossen Stadtrat im vergangenen November dazu veranlasste, einen Kredit von 660000 Franken zu sprechen. Die einzelnen Klassen seien zu gross gewesen, fuhr Silvia Pfeiffer fort, dabei sei gerade die Vorschulzeit eine «ungemein wichtige Phase im Leben eines Kindes», in der wichtige Weichen für die Ausbildung von Sprachfähigkeiten und sozialem Verhalten gestellt würden.
Ein Haus für Kinder
Als «geradezu sensationell und wegweisend» wirkt der Neubau auf den scheidenden Schulpräsident Arthur Müller. Das neue Gebäude sei tatsächlich «kindgerecht gebaut», pflichtete ihm Schulreferent Werner Widmer bei, «die Kinder haben es subito in Beschlag genommen». Dies bestätigte auch Kindergärtnerin Rosa Keller, die über den Neubau «glücklich und dankbar» ist: «In diesem Raum kann so viel Spontaneität leben, dass die Kinder fast nicht mehr nach Hause wollen», erklärte sie den Medienvertretern strahlend.
Signalwirkung für die Stadt
Von einer etwas anderen Seite beleuchte Stadtbaumeister-Adjunkt Peter Frei das Gebäude. Der neue Kindergarten sei eines der ersten städtischen Projekte, die sich die Erkenntnisse der Baubiologie umfänglich zunutze gemacht hätten. Das Augenmerk richtete sich also unter anderem auf einen geringen Energieaufwand bei der Herstellung und beim Transport der Baustoffe, auf die Berücksichtigung erneuerbarer Ressourcen (grosszügige Verwendung von Holz) und auf die Verwendung von schadstofffreien Produkten und Materialien mit einer langen Lebenserwartung.
So würde der neue Kindergarten also die Vorteile und Möglichkeiten einer ökologischen Bauphilosophie auf exemplarische Weise verkörpern, meinte Werner Widmer die Leistungen von Peter Frei und Felix Aries würdigend. Dass bei diesem Bau zugleich die durch den Grossen Stadtrat bewilligten Kosten um zehn Prozent unterschritten werden konnten, habe wohl Signalwirkung für die weiteren städtischen Bauvorhaben.
Tag der offenen Tür
Wer sich für den neuen Kindergarten Geissberg interessiert, kann sich das Gebäude heute Freitag zwischen 14 und 17 Uhr oder morgen Samstag zwischen 9 und 12 Uhr anschauen. Am Samstag um 11 Uhr findet zudem der offizielle Einweihungsapero statt, zu dem alle Quartierbewohner herzlich eingeladen sind. (sst.)
Quelle: Schaffhauser Nachrichten, 04. September 1992