Wichtige Wachstumsimpule gegeben

Der Schaffhauser Stadtrat hatte Sorgen. Räte haben immer Sorgen, ja es gehört seit Jahrhunderten zum Auftrag des Stadtrates, sich zu sorgen. Aber im 17. Jahrhundert hatte der Zahn der Zeit dem bisherigen städtischen Werkhaus so zugesetzt, dass es seiner Aufgabe, Waren zu lagern und damit den Handel zu befördern, nicht mehr gerecht werden konnte. Und die Mittel waren knapp, so knapp, dass man auf stadteigene Ressourcen zurückgreifen musste. Im Ratsprotokoll des 25. Januar 1778 schritt man zur Tat und beschloss: «Für das neüe Kaufhauss uf dem Herren Aker sollen 15 Haupt Aichen und 15 Fohren oder so vil vonnöten gefällt werden».

 

Das waren noch Zeiten! Der Bau eines ganzen Lagerhauses mitten in der Stadt konnte vom Stadtrat ohne Bericht und Antrag an den Grossen Stadtrat, ohne Spezialkommission und ohne Plenumssitzung in Auftrag gegeben werden. Was hätten dazu wohl die Stadtbildkommission, die Denkmalpflege, der Heimatschutz, die Pro City, die Umweltverbände, die Anwohner, die Lokalzeitungen, das Lokalfernsehen und die Automobilverbände gesagt? Und trotzdem war der damalige Stadtrat nicht zu beneiden. Er hatte mit dem Bau des Hauses wohl keine Kompetenzprobleme. Dafür aber machten ihm die Steinmetzen zu schaffen, denen befohlen werden musste, mit ihrer Arbeit diejenige der Maurer nicht zu behindern. Weil der Stadtbaumeister den Handwerkern offenbar gewaltig im Nacken sass, wurde das zu seiner Zeit grösste Lagerhaus der Stadt und eines der höchstgelegenen Gebäude in der Altstadt nach nur einem Jahr Bauzeit vollendet. Aus heutiger Sicht ist dies als Rekordleistung zu werten, an der wir uns sogar mit modernen Baumethoden und -maschinen nicht immer messen können. Das Kornhaus jedenfalls förderte die lokale und regionale Wirtschaft bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und machte den Herrenacker zu einem Ort des Handels und Wandels.

 

Erst mit der Erschliessung Schaffhausens durch die Bahn und dem Auszug der Korn- und Lagerhausgesellschaft in Gebäude längs der heutigen Spitalstrasse verlor das Kornhaus seine Bestimmung und verfiel nach seiner vorübergehenden Verwendung als «Gemüsehalle» bis 2001 in einen fast ungestörten Dauerschlaf. Wachgerüttelt wurde es erst durch die «Schaffhauser Wirtschaftsgruppepro Kornhaus» mit Felix Aries, Gerold Bührer, Thomas Holenstein, Harald Jenny, Karl Klaiber, Peter Oechslin, Rinaldo Riguzzi und Roland Schöttle.

 

Mit dem Einzug der Informationsstelle «SchaffhausenTotal» ins Erdgeschoss des renovierten Kornhauses findet dieses für die Entwicklung der Stadt seinerzeit so wichtige Gebäude seine öffentliche Bestimmung wieder. Es sind bereits kräftige Wachstumsimpulse aus den angesiedelten Betrieben für Stadt und Kanton daraus hervorgegangen. Weitere Revitalisierungen von städtischen Liegenschaften stehen an. Es ist höchste Zeit, dass wir auch den Güterhof, das Gebiet Herrenacker Süd und den Pfarrhof wieder beleben. Nur so findet diese Stadt ihren Weg in eine positive Zukunft.

Quelle: Schaffhauser Nachrichten, 05. Juni 2003 von Stadtpräsident Marcel Wenger