Symbiose zwischen Architektur, Innenarchitektur und Kunst

Felix Aries ist Architekt und Innenarchitekt. Seine Frau – Christine Aries – ist Fotokünstlerin, fotografiert und verfremdet am Computer Reiseaufnahmen. Die zwei sind seit ihrem Studium miteinander liiert, haben ein glückliches Händchen für private Hauskäufe und sind absolute Profis beim Einrichten.

Christine und Felix Aries haben 30 Jahre in einem der Arbeiterhäuser an der Strasse zum Fabrikareal von Georg Fischer, Schaffhausen, gewohnt. Damals konnte Christine Aries das Haus in letzter Minute mit ihrem um 150 Franken höherem Gebot ersteigern. Die zwei haben daraus ein wahres Bijou gemacht.

Das neue Haus am Steilhang an der Ausfahrtstrasse von Schaffhausen gelegen, mit einseitig angrenzenden Rebbergen und der unverbaubaren Traumkulisse auf Rhein, auf Schwäne, vorbeifahrende Schiffe vor dem Hintergrund eines begrünten Berghügels, ist mit einer nicht weniger spannenden Geschichte verbunden: Ein ganzes Jahr lang stand es zum Verkauf. Es gab eine Verkaufsdokumentation, und als Christine und Felix Aries diese in die Hände bekamen, war es einen Tag zu spät … Es war (quasi) bereits verkauft. Dank Entschlussfreude, Hartnäckigkeit, geschicktem Verhandeln und grosser Fachkompetenz, was sich aus dieser Steilhanglage machen liesse, wurden sie dann gleichwohl Besitzer dieses Grundstücks – wohlgemerkt, ohne das Objekt bis dahin je selber besichtigt zu haben.

Die Basis war: ein steil abfallendes Grundstück, erschlossen von einer Privatstrasse am oberen Ende. Darauf standen ein Einfamilienhaus aus den 1960er-Jahren und ein kleines Atelierhaus. Beides eigentlich nur bedingt erhaltenswürdig.

Um das Einfamilienhaus gleichwohl erhalten zu können, u.a. auch deshalb, um damit die Ausnahmebewilligung für die Bebauung bis zur Grundstückgrenze zum Nachbarn weiterhin nutzen zu können, fand der Architekt Felix Aries eine brillante Lösung. Das eigentlich zu kleine Haus wurde durch einen verglasten Erkeranbau über das Dach hinaus ergänzt. Das ermöglichte ein Oberlichtband für die neue Ateliernutzung, verbunden mit besserer Licht und Raumqualität.

Das ehemalige Atelierhaus wurde demontiert – machte Platz für den Neubau. Ein Haus im Steilhang braucht viel Licht, um die fehlende Durchsicht

zu kompensieren. Hier ist es die Vollverglasung zur Aussichtsseite und eine Erkerverglasung, die viel Tageslicht in das tiefe Treppenhaus mit seinen geschickt angeordneten Raumstaffelungen holt. Braucht zudem hohe Räume, Terrassen mit grosser Tiefe, und sollte auch noch den Wunsch der Bauherren, einen Schwimmkanal, erfüllen. An all dem hatte die zuständige Baubehörde nur sehr beschränkt Freude. Felix Aries wurde mit seinen Bauplänen ins Amt zitiert, musste kämpfen, und vielleicht ist es genau seine Spontaneität, die schliesslich zur Bewilligung führte. Unangenehme Frage u.a. war: «Wofür brauchen Sie einen Schwimmkanal, wenn der Rhein gerade unterhalb Ihres Grundstückes vorbeifliesst?» Das Argument des Architekten auf die scheinbar nur schlecht zu beantwortende Frage war: «Man könne ja genauso gut jeden Tag ins Restaurant gehen, dann bräuchte es zuhause ja auch keine Küche mehr.» So und ähnlich ging es weiter.

Das Haus selber, das in seiner Schlichtheit mit seinen Flachdächern, durch seine Steillage von der Strasse her klein und unscheinbar wirkt und nur vom gegenüberliegenden Rheinufer aus seine volle Transparenz und Grösse preisgibt, erfüllt nun ganz einfach alle Attribute einer guten Architektur. 

 

Vom Genuss zu wohnen

Ein langer Gang – zwischen Glas- und Putzwand – verbindet im Innern das Wohnhaus mit dem Atelier und bietet sich gleichzeitig als idealer Ort für Ausstellungen an. Das Haus selber strotzt von kreativen Bau- und Einrichtungsideen – sei es der aus vielen kleinen Betonteilen bestehende «Vorhang», hinter dem die Fahrzeuge stehen (eine tonnenschwere Eigenkreation), sei es der auf Mass gegossene Betonkubus der Kochinsel, oder sei es der selbstentworfene Kleiderschrank als transparente Trennwand zwischen Schlaf- und Badezimmer. Andere unique Einrichtungsideen sind die dekorativen, bemalten, unrestaurierten alten Säulen, die die Raumhöhe erfassbar machen, die wunderschöne, alte Cheminéeverkleidung und die Eingangstür zum voll bestückten Weinkeller, die einmal wahrscheinlich zu einem Tempel gehörte. Das war ein Zufallsfund. Ansonsten sind die einzelnen Gegenstände und «ready mades» situationsbezogene Bestellungen bei einem Lieferanten mit historischem Fundus und dem richtigen Netzwerk.

Eingerichtet ist das Haus mit schlichten, zeitgenössischen Möbeln, zahlreichen Klassikern, die mit sicherem Gespür kombiniert wurden. Kein Wunder –

waren die beiden Aries doch 20 Jahre lang Eigentümer des Einrichtungsladens «Forma» mitten in der Schaffhauser Altstadt: Von daher kommt ihre

Designaffinität und auch ihr sicheres Gespür für Materialien.

 

Umgeben von Kunst

Christine Aries hat Kunst studiert. In ihrer 30-jährigen Schaffenszeit gab es schon unzählige Einzel- und Gruppenausstellungen – und klar auch eine ständige Weiterentwicklung ihrer Arbeitsweise. Heute bearbeitet bzw. verfremdet sie am Computer digitale Fotoaufnahmen, deren Ausgangspunkt der

architektonische Raum, Räume und Räumlichkeiten sind. Ihre Beschäftigung aktiviert Möglichkeiten, wie bestimmte Teile der subjektiven Wahrnehmung überblendet oder ausgeklammert werden können. Als Ausdruck dessen kommt es zur Vermischung und/ oder Verschleierung von Sein und Schein – die Realität verschwimmt, und eine andere, neue taucht auf. Der Architekt und Innenarchitekt Felix Aries hat eine schier unerschöpfliche Kreativität und hat schon unzählige Bauten rund um den Erdball realisiert. Seine Entwürfe entstehen übrigens immer noch aus handgezeichneten Skizzen, die dann von seinem 40-köpfigen, gut eingespielten Team umgesetzt werden. Sein Leitspruch ist: «Der alte Architekt, der Universalist ist tot. Ein neuer Universalismus ist gefragt. Architektur ohne Technologien, ohne Medien und ohne Umweltgesichtspunkte ist nicht mehr denkbar.»

Ihr Wohnhaus über dem Rhein ist für den Architekten und die Künstlerin die stille Oase, um Energie zu tanken und neue Ideen zu entwickeln.

Quelle: Spectrooms, 01/2017